Friday, October 27, 2006

Es sind die kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen

Alltägliche Besorgungen machen, die in der wohlbekannten Umgebung kein Problem darstellen gestalten sich in Japan gaaaaaanz anders. Ich will Euch ein wenig teilhaben lassen an meinen für mich sehr lustigen Erfahrungen.

Nun denn

Waschmittel kaufen
Also in Deutschland geht man zu seinem Verkäufer des Vertrauens (Penny, Lidl oder andere), man weiß in etwa was man braucht, wie das aussieht und wie man da ran kommt. Nun hier wußte ich auch was ich brauche, dachte ich zumindest. Also da steht man nun vor einem Regal mit unendlich vielen Packungen aus Pappe und Plastik, eckig, rund und man hat die Qual der Wahl. Wenn das mal alles wäre. Unzählige kleine bunte Bildchen (Hauptorientierungsquelle, da ich keine Ahnung hatte was Waschmittel auf Japanisch heißt) auf der Rückseite mit unzähligen Tips...Ist egal, Buntwäsche? Einfarbig? Wieviel Grad? Achso Japaner waschen nur mit kaltem Wasser! Feinwäsche, Wolle? Dosierung? Keine Ahnung! Hilfe? Wie erklären!? Konzentrationsprobleme und Ängste machen sich breit, ob man sich wohl für das richtige Produkt noch vor Ladenschluss entscheidet....Konzentrationsproblem? Ihr fragt was das soll? Geht mal in einen japanischen Laden, wo bunte Farben allgegenwärtig sind, grelles fluroszierendes Licht und aus zig Bildschirmen und Lautsprechern irgendwelche Wortsalven in Endlosschleifen in ohrenbetäubendem Lärm auf einen niederprasseln...anstrengend
Jedenfalls zu meiner Verteidigung: Ich hatte die ganze Zeit die Geschichte eines Mitstudenten (Stefan, ich werd Deinen Namen nicht verraten) im Hinterkopf, der mir seine erste Erfahrung mit Waschmittelkauf erzählte: "Nachdem ich Bleichmittel und nicht Waschmittel kaufte und 5mal zu hoch dosierte, war ich froh, dass meine Wäsche nicht versaut war"
Also Ihr merkt ich war vorbelastet.....
Egal nach langem hin und her war es Zeit für eine Entscheidung. Mittleres Preissegment, nette Pappverpackung (wie daheim) mit vielen bunten Bildchen, von denen so 60 % meinen Anforderungen entsprachen....den Rest hab ich verdrängt.
Gut ab in mein Dormitory.....da steh ich nun stolz mit Waschmittel und Schmutzwäsche vor der Waschmachine.....Nur trat nun eine Variable ein, die ich zuvor nicht einkalkuliet hatte: Die Anleitung auf der Waschmachine war auf Japanisch und schon wieder verwirrende Bildchen, die alles das Gleiche zu sagen scheinen, aber nicht gleich sind....
Nachdem ich einige Sekunden benommen vor der Machine stand und hoffte, dass sich das Problem von selbst löste, kam die Einsicht, dass was geschehen musste....
Die Erleuchtung, wie immer fragen und andere Leute mit Ahnungslosigkeit konfrontieren: KanamoriSan, der freundliche Hausmeister, der mir mein Zimmer zeigte, mir die Regeln in meinem Dorm erläuterte und ein paar Techniken, wie ein japanische Bett zu beziehen sei zeigte (aus einem Mix aus Japanisch und Englisch).
O.K. und los...wo issa den? Gefunden! Erstmal mein Waschmittel gezeigt, mit dem ich durch die Gegend gewandert bin, ob es denn auch o.k. sei. Erleichterung, gute Wahl versicherte er mir! Ein Mix von Japanisch und Englisch + Hände und Füße geleitete ich ihn zur Waschmachine und oh wunder er las nochmal alles feinsäuberlich durch, erklärte mir den ganzen Vorgang auf Japansich ("nur nichts anmerken lassen, einfach freundlich sein und darauf achten, welche Knöpfe er drückt und in welcher Reihenfolge").....
Lange Rede, gar kein Sinn: Ich besitze nun die Fähigkeit saubere Klamotten zu erzeugen.


Einkaufen im Convenience Store (Japaner und alle die dort leben nennen es irgendwann nur noch Conbini)

Ein Conbini ist ein 24h Laden, der eine Menge Sachen führt, wie Getränke, Lebensmittel, Badezimmerbedarf und und und.
Gut, man ist halt in Japan und man kennt weder Produkte (na gut teilweise kann man es erahnen) noch Firmen...Ausser die kleinen ColaFläschchen und ein paar Schokoladen-Firmen, aber Schleichwerbung gibts hier nicht.
Wie immer in Japan: Probieren geht über studieren und so hab ich mittlerweile sämtliche Sandwich-, Ramen(Chinasüppchen)-, Chips-, Gerichte- und Backwaren durch. Alles nicht so spektakulär werdet Ihr sagen und das Highlight eines jeden Einkaufs wartet ja noch auf uns: Bezahlen.
Also so wie immer dacht ich mir, freundlich sein und wohlwollend nicken, allerdings passierten Dinge, die ich nicht vorausahnen konnte, wenn man aus so einer Service-Oase wie Berlin kommt. Die Kassierer hier quatschen einen voll und wenn ich voll schreibe, meine ich voll.
Also da bin ich nu, halte das Geld in der Hand mit Blick zum Display, weil zusammenrechnen sparen wir uns regelmäßig, und da beginnt der/die Kassierer/in an mich vollzutexten, auf Japansich natürlich und in einem Tempo..... Ich bin an das Merchandising aus den Werbefernsehern erinnert und völlig verunsichert: Soll ich was antworten? Was will diese nette Persönlichkeit von mir? Hab ich was falsch gemacht? Bitte nimm mein Geld und lass mich gehen!
Während ich also fortschweifend nach einer Lösung suchend mich wieder auf das Gerede konzentriere, Erlösung. Sie/Er hat gestoppt, verwirrt reiche ich das Geld und sage doumo arigatou (Danke sehr) und genial, mehr wars gar nicht. Sie/Er auch noch ein paar mal arigatou gozaimasu, ich auch nochmal und dann mit dem Rückgeld raus.....
Puhh geschafft. Nun bin ich ja schon ein alter Hase hier und was das Gerede anbelangt sind es halt fragen, wie "haben sie eine pointcardo" und dann zählen die alle Preise nochmal auf, nennen Dir den Endbetrag und ob man Ohashi (Stäbchen) brauch, soll es warm gemacht werden (jetzt versteh ich es zumindest oft und dann ist das auch kein Problem mehr) und und und....
De facto einkaufen funktioniert mittlerweile ohne angst ;-)

Macht schon sehr viel Spaß hier und nach jedem Erlebnis und auch währenddessen freu ich mich einfach nur und lasse dem Schicksal freiem Lauf, ist ja extrem lustig und das seltsame dabei ist, Verkäufer erwarten gar nicht, das man irgendwas sagt. Ein domo (Kurzform für Danke) reicht vollkommen.

So Ihr seht, alles halb so schlimm, aber doppelt so aufregend.
Bis zum nächsten mal,
jia mata.

1 comment:

Anonymous said...

Ja dann bis morgen - zum Biereinkauf! :-)
Dein Ösi Helmut